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17.06.2024 / Allgemein

AG Hanau bestätigt fristlose Kündigung nach "Ice Bucket Challenge"

Das Amtsgericht Hanau hat in einem aufsehenerregenden Fall die fristlose Kündigung einer Mieterin bestätigt, die ihre Vermieterin zweimal mit Wasser übergossen hatte. Diese Entscheidung, getroffen im Beschluss 34 C 92/23 vom 19. Februar 2024, wirft ein Schlaglicht auf die Grenzen des Mietrechts und den Schutz des Hausfriedens.

 

 

 

Der Vorfall

 

Die Mieterin hatte aus dem Fenster ihrer Wohnung in den Hof einen Eimer Wasser gegossen, wobei die Vermieterin, die sich dort aufhielt, zweimal klatschnass wurde. Die Mieterin bestritt, dass sie ihre Vermieterin treffen wollte, jedoch gab sie zu, das Ziel gehabt zu haben, die Vermieterin daran zu hindern, ihr Fahrrad umzustellen. Ein Zeuge bestätigte, dass die Vermieterin wie bei einer "Ice Bucket Challenge" vollständig durchnässt wurde.

 

 

 

Die rechtliche Bewertung

 

Das Gericht sah in dem Verhalten der Mieterin eine vorsätzliche Störung des Hausfriedens. Laut den Richtern handelt es sich hierbei um strafrechtlich relevante tätliche Angriffe, die eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Eine vorherige Abmahnung, die normalerweise gemäß § 543 Abs. 3 S. 1 BGB erforderlich wäre, hielt das Gericht für entbehrlich. Dies begründete es damit, dass die Mieterin bereits weitere ähnliche Aktionen angekündigt hatte, was die Wiederholungsgefahr erhöhte.

 

 

 

Die Entscheidung des Gerichts

 

Das AG Hanau befand, dass die Mieterin mindestens bedingt vorsätzlich gehandelt habe. Auch wenn sie behauptete, nicht die Absicht gehabt zu haben, ihre Vermieterin zu treffen, habe sie dies zumindest billigend in Kauf genommen. Da sie bereits weitere solche Vorfälle angekündigt hatte, sei die Fortsetzung des Mietverhältnisses für die Vermieterin unzumutbar geworden.

 

Das Gericht stellte fest, dass bereits ein einzelner solcher Vorfall eine vorsätzliche Körperverletzung im Sinne des § 223 StGB darstelle, die eine Abmahnung obsolet mache. Die Vermieterin sei in ihren Rechten geschützt, da der Hausfrieden erheblich gestört wurde.

 

 

 

Auswirkungen auf die Praxis

 

Diese Entscheidung hat weitreichende Konsequenzen für das Mietrecht in Deutschland. Sie stellt klar, dass auch einmalige, jedoch schwerwiegende Verstöße gegen den Hausfrieden eine fristlose Kündigung rechtfertigen können. Vermieter sind somit gestärkt, gegen Mieterschikanen und Störungen des Hausfriedens entschieden vorzugehen, ohne erst eine Abmahnung aussprechen zu müssen, wenn die Vorfälle gravierend genug sind.

 

 

 

Reaktionen

 

Die Entscheidung wurde in der Fachwelt überwiegend positiv aufgenommen, da sie den Schutz des Hausfriedens betont und Vermietern ein klares Instrument gegen schwerwiegende Belästigungen an die Hand gibt. Kritiker warnen jedoch vor einer zu großzügigen Anwendung dieser Rechtsprechung, die auch in weniger gravierenden Fällen zu schnellen Kündigungen führen könnte.

 

 

 

Fazit

 

Der Fall des AG Hanau zeigt, wie wichtig der Schutz des Hausfriedens im Mietrecht ist. Die Entscheidung unterstreicht, dass vorsätzliche und wiederholte Störungen des Mietverhältnisses, insbesondere wenn sie körperliche Übergriffe beinhalten, zu einer fristlosen Kündigung berechtigen. Vermieter und Mieter sollten sich dieser Rechtsprechung bewusst sein und entsprechend handeln, um Eskalationen zu vermeiden, z.B. mit den Tipps “Was man von Anfang an für eine gute Nachbarschaft tun kann”.

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